Ehemaliger NSA Agent wirft Merkel Heuchelei vor

(AK) Der Abhörskandal schlägt immer höhere Wellen. Nachdem sich nun auch die deutsche Bundesregierung gemeinsam mit vielen anderen europäischen Staatschefs über die Lauschaktionen der Amerikaner beschweren, wirft nun ein weiterer NSA-Agent den Landesvorständen Heuchelei vor, da mindestens sieben Länder ebenfalls als Zulieferer und Nutznießer der von der NSA gewonnenen Daten tätig waren. In einem von der Welt veröffentlichten und mittlerweile ohne Angabe von Gründen wieder gelöschten Artikel wurden die Aussagen des NSA-Agenten deutlicher wiedergegeben.

Bild: Peter Derrfuss  / pixelio.de
Bild: Peter Derrfuss / pixelio.de

Die Hintergründe

Der Name Edward Snowden ist spätestens seit einer Woche in aller Munde und in allen Medien breitflächig bekannt. Der so genannte Whistleblower hatte, nachdem er sich nach Hongkong abgesetzt hatte, breitflächig über die Abhörmethoden der USA berichtet. Unter dem Namen PRISM wurden und werden seit Jahren Telefon- Email- und SMS-Verkehr europäischer Staaten überwacht, mitgeschnitten und archiviert. Unter dem Deckmantel der Terrorbekämpfung hat es sich Amerika zur Aufgabe gemacht, auch die eigentlichen Verbündeten zu überwachen. Wie vor kurzem bekannt wurde, wurden dabei auch die Räume und Büros der Europäischen Gemeinschaft überwacht und deren Netzwerke infiltriert. Ein solches Verhalten ist für einen Staat, der sich die Freiheit und Demokratie auf die Fahnen geschrieben hat, nicht tragbar sein. Doch wie sich nun zeigt, ist damit vor allem die Freiheit und Demokratie Amerikas gemeint.

Die Reaktionen auf die Enthüllungen

Die breite Öffentlichkeit reagierte auf die Enthüllungen des Spähskandals geschlossen schockiert und verärgert über diesen Vertrauensbruch. Eine Reaktion der Bundesregierung jedoch blieb lange Zeit aus, so dass sich viele Menschen fragten, aus welchem Grund unsere Politiker so zaghaft auf eine solche Verletzung internationalen Rechts reagierten. Erst in den letzten Tagen fanden Bundespräsident Gauck und Bundeskanzlerin Merkel deutliche Worte für die Aktionen der Amerikaner und zeigten sich schockiert über das Ausmaß der Bespitzelung. Damit reihten sie sich in den allgemeinen Tenor verschiedener anderer europäischer Staatschefs ein. Auch die verschiedenen Sprecher der EU verurteilten dabei das Verhalten der Amerikaner scharf und warfen ein, die Beziehungen zu der amerikanischen Regierung würde durch diese Veröffentlichungen stark strapaziert. Nach diesem geschlossenen Tenor der Entrüstung wirkt die Enthüllung eines weiteren NSA-Agenten wie eine kalte Dusche.

Heuchelei auf höchster Ebene

Eben dieser NSA-Agent, Wayne Madsen, ein Ex-Offizier der US-Navy und langjähriger Mitarbeiter der NSA enthüllte nun, dass viel mehr Staaten in die Spionageaffäre involviert waren, als man meinen möge. Er warf den verschiedenen Regierungen der europäischen Ländern Heuchelei vor und machte darüber hinaus noch konkrete Angaben zu den beteiligten Ländern. Denn nicht nur Großbritannien, sondern auch Deutschland, Dänemark, die Niederlande, Frankreich, Italien und Spanien sollen über geheime Abkommen mit den USA verfügen. All diese Länder sollen dabei die von der eigenen Überwachung gewonnenen Daten breitflächig der NSA und somit der USA zur Verfügung gestellt und von den Informationen selber profitiert haben. Sollten diese Angaben der Wahrheit entsprechen, und die schnelle Löschung des Artikels auf www.welt.de (der Artikel ist inzwischen wieder online, dank der Social Media Verbreitung schlug es wohl zuviele Wellen) lässt dies zumindest vermuten, hätten sich die Regierungschefs der Täuschung am eigenen Volk schuldig gemacht. Gerade die lautstarke und enorme Entrüstung der Bundeskanzlerin müsse dann in einem vollkommen neuen Licht gesehen werden. Als jemand, der in einem überwachenden System aufgewachsen ist, müsste gerade Angela Merkel auf solche Methoden deutlich empfindlicher reagieren. Doch anscheinend ist es mittlerweile vollkommen normal das eigene Volk unter Generalverdacht zu stellen, es großflächig zu überwachen und die Daten dann auch noch an internationale Verbündete weiter zu geben. So mag es nicht verwundern, dass die offizielle Reaktion auf die Enthüllungen des Spähskandals so spät und so schwach ausfielen. Wer selber ohne Schuld ist, der werfe den ersten Stein.

Europa – Nationen voller Verbrecher

Nimmt man diese Tatsachen als gegeben hin, kann nur noch der Eindruck entstehen, dass Europa ein Hort des Terrors und des Verbrechens ist. Eine solch umfassende Überwachung der europäischen Bürger durch die eigenen und fremde Staaten lässt zumindest diesen Eindruck entstehen. Auch wenn die Attentäter des 9.11. aus Deutschland kamen, rechtfertigt dies dennoch nicht diesen enormen Eingriff in die Privatsphäre der Bürger. Noch vor wenigen Wochen fielen beim Thema Überwachung als erstes Staaten wie China oder Nordkorea ins Gewicht, wenn das Gespräch auf das Thema kam. Mittlerweile wissen wir, dass auch unsere eigene Regierung als willfähriger Zulieferer von Daten und Informationen eine breitflächige Überwachung der eigenen Bürger nicht nur geduldet, sondern selber durchgeführt und unterstützt hat. Wie sich eine solche Regierung nach diesen Enthüllungen noch an der Macht halten kann, ist dabei die entscheidende Frage. Da der Welt-Artikel so schnell gelöscht wurde, ist allerdings eine breitere Information der Gesellschaft auf diesem Wege gescheitert. Erst wenn diese Informationen über die Beteiligung der europäischen Regierungen einer möglichst breiten Menge an Menschen bekannt gemacht wurde, kann eine Reaktion auf diesen Skandal erfolgen.

Edward Snowden – ein Held

Die Lawine, welche von Edward Snowden losgetreten wurde, hat ihr Ende noch lange nicht erreicht. Zum einen hat Snowden bereits angekündigt, noch weitere Informationen liefern zu können und zu wollen, zum anderen müssen die Beteiligungen der verschiedenen Regierungen an dieser Aktion erst einmal gründlich durchleuchtet werden. Eine Aufarbeitung der Krise hat damit noch nicht einmal angefangen. Auch wenn viele Menschen nun Edward Snowden als Held feiern und die Berichterstattung über ihn nicht abreisst, müssten sich die Medien jedoch viel stärker auf den Kern der Krise konzentrieren und diese in ihren Auswirkungen ausleuchten.

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