Prism und Tempora: Totalüberwachung oder Sammelwut?

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(AK) Zu Recht wird immer wieder vor der unbedachten Verwendung sozialer Netzwerke gewarnt. Seit den Veröffentlichungen des Whistleblowers Edward Snowden geht es aber nun nicht mehr einfach nur um peinliche Spuren im Netz, sondern um umfassende Datensammlungen, mit denen die Geheimdienste jeden einzelnen durchleuchten können. Nachdem bereits das US-amerikanische Projekt Prism für Aufregung sorgte, legte Snowden mit Informationen zu dem britischen Projekt Tempora noch eins drauf. Sowohl die USA als auch Großbritannien berufen sich wieder einmal auf den Kampf gegen den Terrorismus und stellen die Bespitzelungsprogramme als Schutzprogramme dar.

Der Bürger muss nicht alles wissen

Das ganze erinnert ein wenig an den Film “Fletcher’s Visionen”, in dem Mel Gibson einen paranoiden Taxifahrer spielt, der einer Staatsanwältin mit immer neuen Verschwörungstheorien auf den Geist geht. Wie sich herausstellt, hat Fletchers Paranoia einen realen Grund. So ist vielen auch klar, dass unsere Geheimdienste alle technischen Mittel nutzen, um uns auszuspionieren. Laut den Statistiken der Bundesnetzagentur in Deutschland steigt die Zahl der gerichtlich angeordneten Telefonüberwachungen in Deutschland seit 1998 kontinuierlich an und lag 2007 bei 39.200 mobilen und 5.078 Festnetzanschlüssen. 2008 wurde die Verpflichtung zur Bekanntgabe der Zahlen abgeschafft. Offenbar war man auch hierzulande der Meinung, dass es Dinge gibt, die die Öffentlichkeit nicht zu wissen braucht.

Was wissen die Geheimdienste?

Nun sind derlei Überwachungsmaßnahmen noch überschaubar und werden gerichtlich angeordnet. Bei Prism und Tempora scheinen aber grundsätzlich alle unter Generalverdacht zu stehen, weder Privatleute noch Konzerne noch Politiker sind ausgenommen. Kann man derlei Datenmengen überhaupt noch überschauen? Während Edward Snowden vor den US-Behörden auf der Flucht ist, steht seit Anfang Juni Bradley Manning wegen Geheimnisverrats an Wikileaks in vielen Fällen vor einem Militärgericht. Die Beweisführung der Anklage gibt viele Einblicke in die Möglichkeiten der Geheimdienste. Keineswegs werden hier geheime Datensammlungen vorgelegt. Die Experten legen stattdessen Screenshots aus dem Google-Cash und der WayBackMachine auf archiv.org vor. Man sollte doch meinen, dass die Geheimdienste alle Register ziehen würden, um Manning und Wikileaks das Rückgrat zu brechen.

Die Grenzen der Technik

Angesichts der Tatsache, dass Prism bereits seit 2005 besteht und dass Google, Facebook und andere daran beteiligt sein sollen, ist es erstaunlich, dass die Ermittler keine anderen Methoden benutzen als jeder recherchierende Journalist. Die Speicherkapazitäten sind mittlerweile groß genug für Unmengen an Daten. Die Auswertung fällt aber nach wie vor sehr schwer. Umso mehr sollten die Geheimdienste in ihre Schranken verwiesen werden, bevor auch hier die Entwicklung tatsächlich eine Totalüberwachung möglich macht.

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