Monsanto und der Preis gegen die Freiheit

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Faces of Monsanto / Vietnam Krieg – Ein durch das Gift Agent Orange missgebildetes und behindertes Kind

(ARK) Es wirkt wie ein schlechter Scherz. Ein Scherz ohne Lacher, eine Geschichte, die so absurd klingt, dass sich viele Menschen, wenn sie denn könnten, laut aufschreien müssten. Das Problem, diese Schreie werden nicht gehört. Oder etwa doch? Denn das, was bei einer Preisverleihung geschehen ist, könnte auch als Machtindiz, als strategischer Schritt des Konzerns Monsanto gedeutet werden und viele Leute zum Widerstand motivieren.

Ein Rückblick

Der World Food Prize gilt als sehr prestigeträchtig, besonders im Kreise der Lebensmittelbranche, er bezeichnet so etwas wie die Oscar Academy Awards. Sonst kaum im öffentlichen Rampenlicht wird 2013 ein Sieger gekürt, deren Auszeichnung einem Fußtritt der Freiheitsrechte der Menschheit gleichkommt. Wie pervers so eine Siegerehrung wirken kann wird spätestens dann klar, wenn den Menschen der Blick hinter den Bühnenvorhang gestattet wird, wenn die Leute die Biografie des Preisträgers kennen und der Rote Teppich zur Fußmatte, zum Fußabtreter des freien Gedankenguts wird. Wie hoch ist Gedankengut einzuschätzen? Eine Frage, die jeder zum Denken gereifte Mensch sicher als sehr hoch, einstufen würde. Es geht um eine individuelle Errungenschaft, um Werte und um Fähigkeiten. Sein eigenes Gedankengut möchte wohl kaum jemand geklaut, verändert und missbraucht wissen. Wie sieht es mit Erbgut aus? Man könnte das Erbgut auch als gewünschte Weitergabe des eigenen Wesens betrachten. Dies gilt es zu schützen, und dessen Reinheit möglichst zu bewahren. Es ist eigen, es ist einzigartig, nicht kopierbar. Als Gegenteil der Einzigartigkeit könnte der Klon stehen eine Kopie, nicht einzigartig in keiner Hinsicht.

Neben dem Gedankengut und dem Erbgut, gibt es weiterhin das Saatgut. Eine wirklich passende Bezeichnung. Das Saatgut ist der Träger des Erbguts, etwas befruchtendes, neues Leben wird erschaffen. Die Saat gedeiht dort am besten, wo fruchtbare Verhältnisse anzutreffen sind. Ist dem nicht der Fall, kann künstlich weitergeholfen werden. Die Umgebung wird einfach so gestaltet, wie es dem Erzeuger als richtig erscheint. Der Mensch wird zum Schöpfer. So wie es bei der eigenen Nachkommenschaft ist, so läuft es eben auch in der Nahrungsmittelindustrie oder im Fall von Monsanto in der Agrarwirtschaft. Monsanto spielt den Schöpfer, wähnt sich als Gott auf Erden, unser aller Ernährer. Im Umkehrschluss bedeutet das, der Konzern will Kontrolle über uns. Aus Kontrolle wird Macht und Macht bedeutet Herrschen. Herrschaft über die Menschheit und das um jeden Preis.

Der Preis

Der Preis den Monsanto dieses Jahr für genmanipuliertes Saatgut erhalten hat, ist der World Food Prize, dies ist letztlich nicht mehr als eine Selbstinszenierung. Die Inthronisierung als Herrscher unserer Lebensmittel erreicht mit diesem öffentlichen Akt, den Höhepunkt einer lange geplanten und wohl ausgeklügelten Machenschaft. Der Monsanto Konzern gilt als einer der größten Spendenzahler dieser jährlich ausgerufenen Preisverleihung. Erst kürzlich schrieb die New York Times, dass Monsanto im Jahr 2008 mehrere Millionen Dollar zugunsten der “Lebensmittel Awards“ gespendet hat. Entgegen Aussagen, dass dies selbstverständlich nichts mit der diesjährigen Preisverleihung zu tun hat, hängt der Gestank der Dollarnoten wie ein verhöhnender Teppich über dem Boden der Freiheit. Das Monsanto Erfahrungen im Bereich der bezahlten Entscheidungsmache hat, lässt sich weit nach verfolgen. Bis vor der Präsidentschaft von George Bush, war es auch in den USA verboten gentechnisch veränderte Organismen kurz GVO, zu züchten. Bei einem Besuch des damaligen Vize-Präsidenten George Bush bei Monsanto kam es zu einer Absprache, die einerseits in der Präsidentschaft des Kandidaten endete und auf Konzernseite zu der lange ersehnten Erlaubnis des ersten genetisch veränderten beziehungsweise optimierten Pflanzenschutzmittels RoundUp Ready Soja.

Das Besondere an RoundUp Ready Soja ist nicht das Mittel alleine. Es wirkt nur mit dem patentierten Gen-Mais von Monsanto. Die ausgesäten Sojasamen von Monsanto sind gegen das Pflanzenschutzmittel RoundUp Ready Soja resistent. Alles andere wird dabei vernichtet, Pflanzen, Insekten. Es wächst eine reine Monokultur. Monsanto verspricht den Bauern dadurch höhere Ernteerträge. Die Farmer sind dazu verpflichtet, nur die Produkte vom Gen-Konzern zu kaufen, außerdem wird den Leuten verboten, Ernten in das nächste Jahr zu übernehmen. Monsanto räumt sich das Recht der Kontrolle und der Überprüfung ein. Das macht die Bauern abhängig. Zuwiderhandlungen werden mit Schadensersatzforderungen des Konzerns abgestraft. Dass es der Konzern ernst damit meint, beweisen Installationen von Kontrolldelegationen und Beschwerdehotlines. Hier können Farmer ihre Kollegen beziehungsweise Konkurrenten anschwärzen und Verstöße melden. Und mit geringen Strafzahlungen ist es dabei oft nicht getan. Der Konzern zeigt keine Skrupel, die Querulanten bis in den finanziellen Ruin zu treiben.

Anti-Monsanto stencil in Buenos Aires, 2013 (Monsanto siembra muerte = Monsanto sät den Tod) Quelle: Wikipedia / Author: JanManu
Anti-Monsanto stencil in Buenos Aires, 2013 (Monsanto siembra muerte = Monsanto sät den Tod) Quelle: Wikipedia / Author: JanManu

Die Anfänge

Was aktuell nach einem reinen Agrarwirtschaftsunternehmen aussieht, hat seine Ursprünge im Chemiebereich. Anfang des 20. Jahrhunderts wurde das Unternehmen in Saint Lois, USA gegründet. Es stellte Chemikalien her die unter anderem in Kriegen zum Einsatz kamen. Traurige Berühmtheit erlangte Agent Orange, als es von den amerikanischen Truppen in Vietnam zur Entlaubung der Urwälder eingesetzt wurde. Das chemische Gift wurde durch Flugzeuge aus der Luft versprüht. Hunderttausende Menschen erkrankten an den Folgen des Giftes. Auch heute noch haben viele vietnamesische Kinder Missbildungen und Behinderungen als Folge der Vergiftung ihrer Eltern. Monsanto stellte ebenfalls die chemisch-organischen Chlorverbindungen, kurz PCB her. Diese giftigen Chemikalien sind inzwischen verboten, verursachen diese eine Vielzahl an chronischen und schweren Erkrankungen. PCB kam als Weichmacher in Lacken oder auch Hydraulikflüssigkeiten zum Einsatz. Nahe einer Monsanto Fertigungsanlage in einer Stadt in Alabama, erkrankten so viele Menschen an unterschiedlichen Krebs- und Blutkrankheiten, dass das Unternehmen im Jahr 2001 zu einer Strafe von 700 Millionen Dollar verurteilt wurde. Neben der Strafzahlung musste, die Stadt dekontaminiert und ein eigenes Krankenhaus für die Bewohner der Stadt erbaut werden. Dieses Unternehmen, das für den Tod von wohl Millionen Menschen verantwortlich ist, hat dieses Jahr eine Auszeichnung des World Food Prize erhalten.

Der Wandel

Der Wandel hin zu dem Agrarunternehmen, gelang Monsanto auch mit dem Mittel RoundUp. Das Unternehmen deklarierte sein Produkt als biologisch abbaubar. Ein Begriff mit ausdehnbarer Bedeutung wie es sich zeigen sollte. In eigenen Untersuchungen legte das Unternehmen fest, das nach ungefähr einem Monat, tatsächlich wenige, einstellige Prozentzahlen von RoundUp biologisch abbaubar waren. Nach neutralen Überprüfungen kam der Gesetzgeber zu dem Entschluss, das Mittel sei nicht natürlich abbaubar und verbot es mit der biologischen Deklaration. Verbraucher dieses Pflanzenschutzmittels glaubten sich bislang einer umweltverträglichen Möglichkeit, ihre Pflanzen darunter auch zum Verzehr angebautes Obst und Gemüse zu behandeln. In einer Studie von Professor Robert Belle vom französischen Institut “CNRS-VPMC“ wurde die Wirkung von RoundUp in Bezug auf die Zellteilung organischen Lebens untersucht. Als Ergebnis kam heraus, das RoundUp die Zellteilung aggressiv fördert und beschleunigt, was dem Ursprung von Krebserkrankungen zugeschrieben werden kann. Der Ausbruch der Krankheit kann hingegen erst mehrere Jahrzehnte später erfolgen, findet aber dort einen Ursprung. Eigentlich dachte der Wissenschaftler über eine Möglichkeit nach, seine Studien so schnell wie möglich weiterzugeben, um die Öffentlichkeit informieren, zu können. Auf Druck von Aufsichtsorganen sollte das Ergebnis aber nicht publiziert werden. Zur Begründung hieß es schlicht, die Zukunft der GVOs (genetisch veränderte Organismen) würde damit auf dem Spiel stehen, wenn bekannt würde, die Mittel verursachen Krebs.

Die Unterwanderung

Monsanto erhält die aktuelle Auszeichnung für herausragende Leistungen im Kampf gegen den Welthunger. Genetisch veränderte Getreidearten sollen dazu dienen den Hunger in besonders armen Ländern zu stillen und den Anbau von ausreichend Nahrungsmittel zu ermöglichen. Monsanto weiß sich vieler Verfechter, und auch in den Nahrungsmittel-Kontrolle-Instituten lösen ehemalige Monsanto Mitarbeiter neutrale Kontrollen ab. Selbiges gilt für die Regierung und so weiter. Dies nennt man “Revolving Doors“ also ein “Drehtüren-Effekt“. Dieser Effekt beschreibt den Durchgangsverkehr von sich ständig wechselnden Positionen. Das Rechtssystem wird also einfach unterwandert. Das sind die Werkzeuge der Kontrolle über die Markt- und Weltwirtschaft. Der Krieg wird nicht mit Waffen ausgeführt. Der Krieg wird über dem ausgefochten, was der Mensch am meisten braucht, die Nahrung. So ist es kaum verwunderlich, wenn die Geschäftsbemühungen und Feldzüge besonders dort forciert werden, wo die Menschen erstens von ihren Produkten abhängig sind und zweitens, der Rest der Welt kaum Notiz vom Übel nimmt. In vielen südamerikanischen Ländern beschreibt das Haupteinkommen der Farmer die Verarbeitung von Getreide. In Mexiko zum Beispiel ist es der Mais. Dort herrschte noch vor Jahren eine Vielfalt an unterschiedlichen Maisarten, Mais ist in Mexiko ein kulturelles und traditionelles Gut. Mexikos Regierung hat 1994 mit den USA und Kanada das Freihandelsabkommen abgeschlossen, das den Mitgliedsstaaten den unbürokratischen Handel mit unterschiedlichen Gütern und Erzeugnissen erlaubt. Dazu gehört auch der Mais. Problematisch ist nur, dass Mais in den USA subventioniert angeboten wird. Klar handelt es sich dabei um transgenen Mais, von Unternehmen und Konzernen wie Monsanto reguliert. Und obwohl diese Getreidesorte für Mexiko so wichtig ist, ist es für die mexikanischen Verbraucher günstiger, den subventionierten Mais aus den USA zu beziehen, während der einheimische Mais zu teuer ist. Das ist nichts anderes als eine Form der Kriegsführung. Man lässt die Menschen mit ihren eigenen Lebensmitteln verhungern.

Die Bemühungen der Agrarunternehmen gehen dabei sogar noch weiter. Mexikanische Bauern versuchen zumindest den Widerstand und versuchen den heimischen Mais zu beleben und so gut es geht zu schützen, denn es wird vermutet, dass der Gen-Mais einfach in die heimischen Maispflanzen eingepflanzt wird. Die mexikanischen Bauern werden ermutigt, ihre Felder genauestens zu kontrollieren und zu reinigen, denn die heimischen Pflanzen sind leicht von den transgenen Maisarten zu unterscheiden. Das Problem ist, dass der Mais, sich über Pollen vermehrt und befruchtet, was bedeutet, dass die Luft und der Wind die mexikanischen Felder kontaminieren können. Dagegen sind die Bauern machtlos. Auch in anderen südamerikanischen Ländern sieht es nicht viel anders aus. Die Menschen sind machtlos und die Regierungen verfallen in Korruption und Geld bringenden Geschäften mit den Großkonzernen.

Die Gegenwart

In Europa, besonders in Frankreich und Deutschland ist der Widerstand gegen Monsanto sehr groß. Die Regierung und auch die EU verbieten Patente auf Nahrungsmittel, gentechnisch veränderte Pflanzen sind ebenfalls verboten, noch verboten zumindest. Da liegt es nicht fern, dass der Konzern seine Bemühungen für Europa zunächst eingestellt hat. Das Unternehmen lässt verlauten, dass der Kampf gegen Windmühlen nicht ihren Vorstellungen entsprechen würde. Was viele Menschen dennoch nicht wissen oder als bedeutungslos betrachten, ist, dass Firmen wie Monsanto längst den Fuß in der Türe haben. Es entspricht dem üblichen Gebaren dass bestimmte Vorhaben wenn nicht direkt eben durch die Hintertür erreicht werden. Für Europa und Deutschland bedeutet das konkret, dass die Nahrungsmittel für Tiere geliefert werden. Durch Massentierhaltung, Fleischproduktion und Konsum, reichen die hiesigen Futterangebote längst nicht mehr aus oder sind viel teurer als das was Monsanto und Co liefern können. Das ist ganz ähnlich wie in Mexiko, hier geschieht dieser Weg eben um den Umweg der Tierhaltung. Futter für Deutschlands Nutztiere kommen vor allem aus Ländern wie Brasilien oder Kolumbien, überall dort, wo es riesige Nutzpflanzen Anbauflächen gibt und Urwälder abgeholzt wurden. Und hier dürfen die Gen-Pflanzen wachsen. Die Futtermittel werden nach Deutschland transportiert und an die Tiere verfüttert. Es ist klar, das die Tiere, die genetisch veränderten Bestandteile aus dem Futter in sich auf Nehmen und natürlich nehmen die Menschen durch Milch oder Fleischaufnahme diese Stoffe auch mit auf.

Die Zukunft

Die Kontrolle durch Unternehmen wie BASF, Syngenta, Monsanto und viele weitere hat längst begonnen und ein Entkommen, beziehungsweise eine freie Wahl bleibt den Menschen nicht. Die reine Selbstversorgung ist für viele Leute undenkbar und kann auch nicht die Allgemeinlösung bedeuten. Nur weil Europa momentan noch Abstand vor den Machenschaften der sogenannten Welternährer einhält, ist dies ganz sicher nicht endgültig. Die Agrarlobby in Europa ist inzwischen mächtig gewachsen, der Druck auf Brüssel wird durch den Lobbyismus größer und größer. Wenn diese Gesetze fallen, haben die Unternehmen einfaches Spiel, was dem einzelnen Bürger als Alternative übrig bleibt, ist fraglich, denn wie soll eine Saatverunreinigung unterbunden werden, die am Ende durch die Luft geschieht? Dann bedeutet auch Selbstversorgung keinen Schutz vor der Industrie.

Der Pakt mit dem Teufel

In den USA ist diese Schwelle inzwischen Gefallen, das ist schon mehr als alarmierend. Im Mai 2013 wurde ein Gesetz durch den amerikanischen Senat und den Präsidenten verabschiedet, das vorsieht, dass Unternehmen wie Monsanto über dem Gesetz stehen. Im Widerstand trägt dieses Gesetz den Namen “Monsanto Protection Act“. Es sieht vor, dass Unternehmen die mit GVO arbeiten, selbst dann Straffreiheit genießen, wenn bewiesen wird, dass das Vorgehen umweltunverträglich oder belastend ist. Das bedeutet letzten Endes nichts anderes, als dass, die Verantwortung der Regierung auf die Wirtschaft und Industriekonzerne übertragen wurde. Eine richtungsweisende Hoffnung besteht allerdings noch, zumindest theoretisch. Das Gesetz hat nur eine zeitliche Gültigkeit. Bereits im September soll über eine Verlängerung entschieden werden. Bis dahin haben die Menschen zumindest die Möglichkeit sich im Protest zu zeigen und sich gegen die Weltwirtschaft zu erheben.

Quelle Titelbild: By Alexis Duclos (Alexis Duclos) [GFDL (http://www.gnu.org/copyleft/fdl.html), CC-BY-SA-3.0 (http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/) or CC-BY-SA-2.5 (http://creativecommons.org/licenses/by-sa/2.5)], via Wikimedia Commons

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