Die Dritte Welt wird zur Ader gelassen: die Wassergeschäfte der Firma Nestlé

Wasser aus Afrika
Bildnachweis Antranias / CC0 Public Domain-Pixabay.com

(AK) Wer in Deutschland oder anderswo Lebensmittel einkauft, kommt an einem Unternehmen praktisch nicht vorbei: Nestlé. Neben den klassischen Schokoladentafeln und Kaffeesorten gibt es Frühstücksflocken, Nudeln, Milcherzeugnisse und eine Vielzahl weiterer Produkte, hinter all denen sich die Firma Nestlé verbirgt. Schon diese Eroberung immer größerer Marktanteile in den westlichen Industriestaaten ist in Bezug auf die Sicherstellung einer gewissen Vielfalt bei der Ernährung kritisch zu sehen. Noch perfider verhält sich Nestlé allerdings in vielen Staaten der Dritten Welt. Denn dort ist das Unternehmen dabei, weite Teile der Versorgung der Bevölkerung mit Trinkwasser an sich zu reissen – zum Teil mit erschreckendem Erfolg.

Der Kampf um Wasser ist vielerorts bereits entschieden

Weltweit werden in jedem Jahr mehr als 200 Milliarden Liter Wasser in Flaschen abgefüllt. Den Löwenanteil machen dabei große Konzerne wie Coca Cola, Pepsi oder auch Danone unter sich aus. Die weltweite Spitzenposition hält mit zwölf Prozent des weltweit abgefüllten Wassers die Firma Danone inne. Wer sich auf Wikipedia unter http://de.wikipedia.org/wiki/Liste_von_Nestl%C3%A9-Marken die Marken der Firma Nestlé auflisten lässt, stellt schnell fest, dass die Wassergeschäfte des Unternehmens sich auf globaler Ebene abspielen und es praktisch keine Weltregion gibt, in welcher Nestlé nicht den Daumen auf einer Vielzahl von Quellen hat. Die Tendenz geht dabei über die Jahre immer weiter nach oben. Seit 1996 hat sich die Zahl der weltweit verkauften Wasserflaschen mehr als verdreifacht. Eine Entwicklung, hinter welcher vor allem kaufmännisches Kalkül steckt, mit welchem auch die Ärmsten der Armen dieser Welt regelmäßig zur Kasse gebeten werden können. Denn Wasser ist kein Luxusgut, sondern eine Grundvoraussetzung für menschliches Leben. Es mutet wie zynische Realsatire an, dass die von der Firma Nestlé in weiten Teilen der Dritten Welt vertriebene Wassermarke ausgerechnet “Pure Life” heißt. In Südafrika wird diese Marke sogar mit dem Claim “Water you can trust” beworben, also Wasser, dem du vertrauen kannst. Hier schließt sich ein Teufelskreis. Denn die Firma Nestlé sichert sich zunächst die Abfüllgenehmigungen für die reinsten und besten Quellen des Landes. Das übrige Wasser erreicht aufgrund von Umweltverschmutzung und anderen Faktoren vielfach keine Trinkwasserqualität. Diesen Umstand nutzt dann wiederum Nestlé, um sein Produkt “Pure Life” als besonders vertrauenswürdige Alternative zu präsentieren.

Der Zugang zu sauberem Wasser ist ein Menschenrecht

Die Vereinten Nationen haben schon vor Jahren den Zugang zu sauberem Wasser zu einem menschlichen Grundrecht erklärt. Dies hindert allerdings Konzerne wie Coca Cola, Danone oder eben auch und in besonderer Weise Nestlé nicht daran, dieses Recht durch ihr Geschäftsgebaren in aller Welt mit Füßen zu treten. In Brasilien lebt gut 20 Prozent der Bevölkerung ohne einen eigenen Wasseranschluss. Diese Familien sind folglich darauf angewiesen, sich Wasser in Kanistern und Flaschen zu besorgen. Die Firma Nestlé kauft in Brasilien schon seit Jahren immer weitere Flächen mit ausgedehnten Wasserquellen auf. Ein besonderer Coup gelang dem Konzern bereits 1992 durch die Übernahme des Wasserriesen Perrier. Denn durch die Einverleibung von Perrier gelangte Nestlé auch in den Besitz eines Wasserparks in der Nähe des Ortes São Lourenço. Dieser befindet sich im Bundesstaat Minas Gerais. Dieser liegt in unmittelbarer Nachbarschaft gleich mehrerer brasilianischer Großstädte wie Sao Paulo, Rio de Janeiro und Belo Horizonte. Die Region verfügt über eine auch im globalen Maßstab einzigartige Vielfalt an unterschiedlichen Mineralwasserquellen. Ab 1998 begann Nestlé damit, von São Lourenço aus, auch den brasilianischen Markt mit “Pure Life” zu beliefern, wobei die dortige Fabrik nur eine von weltweit 100 Produktionsstätten dieser Marke ist.

Radikale Marketingstrategien in der Dritten Welt

In Pakistan ging die Firma Nestlé im Jahr 1998 besonders hartnäckig vor, als sie auch dort “Pure Life” auf den Markt brachte. Denn im Vorfeld der Markteinführung startete das Unternehmen eine so genannte Informationskampagne mit welcher sie bei der Bevölkerung Ängste hinsichtlich der gesundheitlichen Unbedenklichkeit von bereits am Markt befindlichen Flaschenwassern schürte. Die Folge war eine allgemeine Verunsicherung welche “Pure Life” vom Start weg hohe Absatzzahlen in Pakistan und einen besonderen Vertrauensbonus bei den Konsumenten bescherte. Innerhalb kürzester Zeit stammte mehr als jede zweite in Pakistan verkaufte Wasserflasche aus dem Haus Nestlé. Weitere Potentiale tun sich für Nestlé im ostasiatischen Raum auf. Derzeit liegt der pro Kopf Verbrauch von Flaschenwasser in der Volksrepublik China bei etwa zehn Litern pro Jahr. Im Vergleich werden in Deutschland je Einwohner mehr als 120 Liter konsumiert. Um diese Märkte bedienen zu können, wird es für die Firma Nestlé unerlässlich sein, den Raubbau an Quellen in der Dritten Welt weiter voranzutreiben und die ohnehin rare Ressource Trinkwasser in diesen Regionen weiter zu verknappen.

Auch Deutschland wird das Wasser abgegraben

Die vom Nestlé Konzern weltweit verursachten Probleme betreffen allerdings nicht nur die Dritte Welt. Denn die derzeitige Debatte in der Europäischen Union über die Privatisierung der Trinkwasserversorgung wird in entscheidender Weise durch das schweizerische Unternehmen forciert. Denn durch eine öffentliche Ausschreibung der Wasserversorgung könnte sich der Konzern auch in Deutschland und anderen Ländern Europas auf Jahrzehnte eine ähnliche Machtposition sichern, wie er sie in weiten Teilen der Dritten Welt bereits besitzt. Durch das weltweite Bevölkerungswachstum werden sich die Konflikte um Wasser weiter verschärfen. Entsprechend wichtig ist es für Nestlé, schon heute die Weichen für eine Sicherung der erreichten Spitzenposition zu stellen, welche das Unternehmen auf dem weltweiten Wassermarkt einnimmt. Sinkende Grundwasserspiegel, wie sie heute schon in Pakistan traurige Realität sind, könnten bald schon auch in Deutschland drohen, wenn es Nestlé gelingt, seine Pläne für den europäischen Markt in die Tat umzusetzen.

7 Kommentare

  1. Die anständigen Deutschen und Europäer sollten endlich mal aufwachen: Wenn Unternehmen sich unseriös und unverschämt verhalten, dann ist zu empfehlen, deren Ware nicht mehr zu kaufen. Wie bei Schlecker!
    Wir sind es unseren Mitmenschen schuldig!

  2. Die Lobby hat schon lange die Kontrolle übernommen. Es liegt an uns, dem Verbraucher hier Veränderungen zu schaffen. Wasser ist ein Grundrecht jedes Menschen und darf nicht kommerziell vermarktet werden! Jeder Erdenbürger muss Zugang zu Wasser haben.

  3. sehr geehrte damen und herren,
    schicken sie bitte den o. g. Artikel an folgende
    mail – Adresse : info@bmwi.bund.de
    im Ministerium hatte man noch nichts von diesen Vorkommnissen gehört !!!!
    m. f. g.
    könig

  4. Wenn ich einkaufe, achte ich darauf kein Nestle-Produkt zu kaufen, aber nicht alle Marken sind als
    Nestle-Produkt zu erkennen, da sich diese Firma nur im Kleingedruckten auf den Rückseiten der
    Verpackungen zu erkennen gibt. Und die Masse der Verbraucher weiß ja gar nicht, was da alles
    abläuft, leider. Man ist hilflos diesen ….. ausgesetzt.
    Mit bedauerlichem Gruß
    Ilse Herrmann

  5. Wenn ich einkaufe, achte ich darauf kein Nestle-Produkt zu kaufen, aber nicht alle Marken sind als
    Nestle-Produkt zu erkennen, da sich diese Firma nur im Kleingedruckten auf den Rückseiten der
    Verpackungen zu erkennen gibt. Und die Masse der Verbraucher weiß ja gar nicht, was da alles
    abläuft, leider. Man ist hilflos diesen ….. ausgesetzt.
    Mit bedauerlichem Gruß
    I.H.

  6. “Weltweit werden in jedem Jahr mehr als 200 Milliarden Liter Wasser in Flaschen abgefüllt. Den Löwenanteil machen dabei große Konzerne wie Coca Cola, Pepsi oder auch Danone unter sich aus. Die weltweite Spitzenposition hält mit zwölf Prozent des weltweit abgefüllten Wassers die Firma DANONE… Müsste es hier nicht Nestlé heißen?

    Absolut unverantwortlich, wie Nestlé die knappen Wasserressourcen anderer Länder ausbeutet um daraus den eigenen Profit zu schlagen. Was sind das auch für Strategien, Angst in Menschen zu produzieren und zu nutzen, um den Verkauf anderer Produkte einzudämmen und den der eigenen Produkte anzukurbeln.

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